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Vom Ringen um Fachkräfte

Wirtschaftsgilde und Politiker suchen Lösungen, die Bremervörde für Bewerber attraktiver macht
Von
Rainer Klöfkorn Bremervörde.
Was können Politik und Wirtschaft gemeinsam unternehmen, um Bremervörde als Arbeitsplatz und Wohnort für Fachkräfte attraktiver zu gestalten? Mit dieser Frage haben sich am Donnerstag im Ratssaal auf Initiative der Wirtschaftsgilde Vertreter heimischer Unternehmen und Ratsmitglieder beschäftigt. Fazit der Besprechung: In Arbeitsgruppen sollen Problemfelder diskutiert und Lösungen gefunden werden.

Dass das Thema den Firmen in Bremervörde und der Region unter den Nägeln brennt, wurde schnell deutlich. Firmen- und Personalchefs der größten Unternehmen – von Thomas und der Schröder KG über Geti Wilba und RPC bis hin zu EVB, EWE, Jacobs und der OsteMed Klinik – schilderten eindringlich ihre Probleme bei der Besetzung von Mitarbeiterstellen, vor allem im höher qualifizierten Bereich.Die Berichte ähnelten sich: Ingenieurstellen zum Beispiel blieben unbesetzt, weil die Bewerber anderen Unternehmen den Vorzug gäben. Die Gründe seien nicht im Betrieb zu suchen, sondern im Standort Bremervörde: Vor allem der verkehrliche Aspekt spiele eine Rolle. „Zu den Bewerbungsgesprächen kommen viele zu spät, weil sie die Entfernung Bremervördes von der Autobahn falsch einschätzen“, wurde aus der Praxis berichtet.Die Distanz zu Städten wie Hamburg und Bremen bilde ein Problem. Buxtehude und Stade – nicht zuletzt durch die S-Bahnverbindung nach Hamburg – hätten Vorteile. Bewerber fragten immer wieder nach Kriterien wie ärztliche Versorgung, Schulsituation und – vor allem bei jungen Paaren – der Kinderbetreuung. Selbst die „sehr heterogenen Öffnungszeiten“ im Einzelhandel (EVB-Pressesprecher Eckhard Spliethoff) kämen zur Sprache.Erschwerend komme die demografische Entwicklung hinzu. „Der Bewerbermarkt ist leer gefegt“, sagte Boris Thomas. Die Firmen müssten stärker als in der Vergangenheit um qualifizierte Kräfte und – auch schon – Auszubildende werben. Thomas nannte ein besonders prägnantes Beispiel. „Warum sollte ich mich ausgerechnet für Ihr Unternehmen entscheiden?“, habe ein Kandidat für einen Ausbildungsplatz die Personalchefin seines Unternehmens gefragt.Natürlich habe Bremervörde auch einiges zu bieten wie günstige Miet- und Baupreise, das Gelände am See oder ein im Gegensatz zu den Großstädten vergleichsweise entspanntes Klima in den Schulen. Doch wenn die Partnerin eines Bewerbers keinen Arbeitsplatz in der Stadt oder der Region finde, würden diese positiven Aspekte nicht mehr zählen.„Was können wir verändern?“, fragte Boris Thomas, gleichzeitig Vorsitzender der Wirtschaftsgilde, in die Runde. Die geplante Küstenautobahn verbessere die Verkehrsanbindung Bremervördes, hieß es, eine Änderung der Öffnungszeiten in den Kindertagesstätten stehe auf der politischen Prioritätenliste ganz oben. Nachgedacht werden soll über eine bessere Vermarktung der Stadt und über Möglichkeiten, die abwandernden Abiturjahrgänge an Bremervörde zu binden.Auch die Firmen selbst sehen Möglichkeiten, durch gemeinsames Vorgehen die „zentrale Standortfrage für Bremervörde“ (Thomas) zu lösen. In einem Pool könnten Arbeitsplätze für die Partner von Bewerbern bereit gehalten werden, wurde vorgeschlagen. Überhaupt, so Dr. Michael Schröder von der Baufirma Schröder, müssten sich die Unternehmer umstellen. Es sei nicht unüblich, Mitarbeiter bei der Kontaktaufnahme für eine Baufinanzierung zu unterstützen.Die einzelnen Vorschläge, zog Thomas das Fazit, sollten in nächster Zukunft beraten werden. Viele Probleme, die sich aus der schwierigen Lage Bremervördes ergeben würden, seien nicht zu lösen, meinte der Vorsitzende der Wirtschaftsgilde. „Alle haben jedoch etwas davon, wenn uns schon kleine Verbesserungen gelingen.“ In einer nächsten Runde soll die gleiche Thematik, hieß es, mit weiteren Betrieben, unter anderem aus dem Handwerk, diskutiert werden.
Die schlechte Verkehrsanbindung zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bewerbergespräche.Dr. Michael Schröder von der Schröder KG
Das Abitur nach zwölf Jahren hat dazu geführt, dass nicht alle Kandidaten für einen Ausbildungsplatz einen Führerschein haben. Das erschwert die Situation Bremervörde.Torsten Seeba von Geti Wilba
Aus ihrer alltäglichen Praxis, geeignete Mitarbeiter für ihre Unternehmen in Bremervörde und der Region zu finden, berichteten am Donnerstag Firmen- und Personalchefs – darunter Dr. Michael Schröder (von links) vom Bauunternehmen D. Schröder, Birgit Kolbe von RPC Verpackungen Kutenholz sowie Torsten Seeba und Otto Meyerhoff von der Firma Geti Wilba. Foto: Klöfkorn

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